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29.05.2006 – Bundesverband

Qualitätssicherung in der Physiotherapieausbildung

Kriterien zur praktischen Ausbildung von Schülern in Physiotherapie-Praxen
Das Berufsgesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PhysTh-AprV) regeln die praktische Ausbildung der Physiotherapieschüler am Patienten, deren Gesamtumfang vom Gesetzgeber mit 1600 Unterrichtsstunden in der dreijährigen Physiotherapie-Ausbildung festgelegt ist. Während der zeitliche Umfang bis hin zur Aufteilung der Stunden auf medizinische Fachgebiete exakt geregelt ist, sind die Aussagen des Gesetzgebers zu den Ausbildungsorten weniger eindeutig. Prinzipiell kann die Ausbildung in Krankenhäusern aber auch in anderen Einrichtungen, in denen Patienten behandelt werden, erfolgen. Bei einer weitestgehend nur in Krankenhäusern durchgeführten praktischen Ausbildung am Patienten werden die Physiotherapieschüler heutzutage allerdings nur noch unzureichend auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet, da angehende Physiotherapeuten hier nicht mehr das volle Ausmaß der physiotherapeutischen Betätigungsfelder erfassen und erlernen können. Der weitaus größte Teil der heutigen Schulabsolventen finden ihren Arbeitsplatz in Physiotherapie-Praxen, werden aber derzeit nur in geringem Umfang in Praxen ausgebildet. In jüngster Vergangenheit sind daher einige Bundesländer (Bayern, Brandenburg, Hessen, Saarland, Sachsen) dazu übergegangen, im Rahmen von Erlassen die Frage der Ausbildungsanteile in Physiotherapiepraxen zu regeln. Hinsichtlich der Kriterien sind die zurzeit vorliegenden Erlasse jedoch von sehr unterschiedlicher Regelungsdichte und -qualität. Der Deutsche Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e.V. hat daher beschlossen, in dieser Frage Position zu beziehen und eigene Vorschläge für Kriterien zur Durchführung der praktischen Ausbildung in Praxen zu erarbeiten. Dabei fordert der ZVK eindeutig, dass der Einsatz von Schülern nur und ausschließlich unter Qualitätsgesichtspunkten in PT-Praxen durchgeführt werden darf. Weder Schulen noch Praxen kann und darf die Möglichkeit eingeräumt werden, durch den Einsatz von „billigen Arbeitskräften“ einem Abbau von Arbeitsplätzen in physiotherapeutischen Praxen Vorschub zu leisten. Es muss deutlich sein, dass die PT-Schüler nicht als Verschiebemasse für die ökonomischen Interessen von Schulen und einzelnen PT-Praxen dienen dürfen. Und dies sind die Kriterien des ZVK, die so auch den zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder zur Kenntnis gebracht werden: Allgemeine Rahmenbedingungen
  • In der physiotherapeutischen Ausbildung können maximal 320 Stunden der praktischen Ausbildung am Patienten in Physiotherapiepraxen abgeleistet werden.
  • Die PT-Praxis muss durch die zuständige Behörde zur Ausbildung von Schülern ermächtigt sein.
  • Es muss eine rechtlich verbindliche Kooperationsvereinbarung zwischen PT-Schule und Praxis, welche die nachfolgenden Kriterien beinhaltet/berücksichtigt, abgeschlossen werden.
  • Die Praxis sollte bei unterrichtsbegleitender praktischer Ausbildung innerhalb eines Umkreises von 30 km oder beim Blockpraktikum innerhalb von 50 km (bezogen auf den Schulstandort) liegen.
  • Die Einrichtung stellt dem/n Schüler/n für Planung, Behandlung, Evaluation, Reflektion und Dokumentation die doppelte Taktung der festangestellten Mitarbeiter zur Verfügung.
  • Interaktion zwischen Schule und Praxis
  • Der Schule obliegt die Planung, die Koordinierung und die Überwachung der praktischen Ausbildung für jeden Auszubildenden.
  • Der Umfang der Praxisbegleitung durch Lehrkräfte muss für jeden Schüler mindestens 5 Prozent der Ausbildungszeit des jeweiligen praktischen Ausbildungsabschnittes betragen.
  • Je Kalenderjahr ist mindestens eine Konferenz zwischen der Schule und der/den Praxiseinrichtung/en durchzuführen.
  • Die Schulen sind verpflichtet, die Anleiter in den Praxen in das schuleigene pädagogische Konzept der praktischen Ausbildung einzuweisen.
  • Die Schule hat die Einrichtungen über folgende Aspekte zu unterrichten:
  • - Wissensstand des Auszubildenden - zu erwerbende Qualifikationen - Lernziele für den praktischen Einsatz - Beurteilung des Schülers - Fehlzeitenregelung - Beschwerdemanagement - Konfliktbewältigung - gesetzliche Grundlagen (u.a. § 203 StGB, BDSG, Arbeitszeitgesetz) Personelle Voraussetzungen
  • Die Praxis hat die Praxisanleitung der Auszubildenden durch geeignete Fachkräfte auf der Grundlage eines Ausbildungsplans sicherzustellen. Geeignet sind Fachkräfte, die
  • a) im Besitz der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung/Physiotherapeut/in sind und b) eine berufspraktische Erfahrungszeit von mindestens zwei Jahren (Vollzeitbeschäftigung) oder vier Jahren (Halbzeitbeschäftigung) in den letzten vier Jahren und c) regelmäßige Teilnahme an fachlichen Fortbildungen von mindestens 8 UE/ pro Jahr nachweisen können
  • Die Stellenbesetzung der Praxis hat mindestens drei vollzeittätigen Mitarbeitern (mit mindestens 38,5 h/Woche) zu entsprechen.
  • Es gilt folgender Stellenschlüssel:
  • 3 Vollzeitkräfte / 1 Schüler 4 Stellen / 2 Schüler 6 Stellen / 3 Schüler 8 Stellen / 4 Schüler usw.
  • Der Stellenschlüssel muss gewährleisten, dass der/die Schüler während ihrer gesamten Anwesenheit angeleitet wird/werden.
  • Die Praxis hat einen Anleiter der praktischen Ausbildung als Ansprechpartner für die Schule zu benennen.
  • Im Rahmen der praktischen Ausbildung kann ein Anleiter gleichzeitig nur einen Auszubildenden anleiten. Führt also der Schüler eine praktische Behandlung an einem Patienten durch, hat im Verhältnis 1:1 der Anleiter Aufsichtspflicht, ohne gleichzeitig einer anderen Tätigkeit nachgehen zu können.
  • Räumliche Voraussetzungen
  • Gefordert wird neben den räumlichen Voraussetzungen gemäß Kassenzulassungsbedingungen ein zusätzlicher Raum für Planung, Evaluation, Reflektion und Dokumentation (sofern nicht ohnehin vorhanden).
  • Der ZVK macht sich dafür stark, dass diese qualitätssichernden Kriterien für die Ausbildung von Physiotherapieschülern in Praxen eine weit verbreitete Anwendung finden! Bodo Schlag stv. Vorsitzender