Landessozialgericht Berlin-Brandenburg legt Urteilsbegründung vor
Nach den Schiedssprüchen der Schiedsstelle Heilmittel im März bzw. Juli 2021 zum Sachstand Rahmenvertragsvereinbarungen hatten sich die maßgeblichen Physiotherapieverbände IFK, PHYSIO-DEUTSCHLAND, VDB und VPT-Verband für Physiotherapie entschieden, gegen Teile dieser Schiedssprüche Klage zu erheben. Gegen Teile des ersten Schiedsspruchs hatten der VDB-Physiotherapieverband und der IFK gemeinsam am 8. April 2021 Klage eingereicht, den zweiten Schiedsspruch beklagten alle vier Physiotherapieverbände am 19. August 2021. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg verhandelte die Klagen in einem gemeinsamen Verfahren am 12. Januar 2024. Ende April hat der 1. Senat des LSG schließlich ein Urteil gefällt, dessen Begründung nun vorliegt. Der wesentliche Inhalt des Urteils soll hier kurz vorgestellt werden.
Zur Erinnerung: Nicht nur die maßgeblichen Physiotherapieverbände, sondern auch der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) hatte die beiden Schiedssprüche aus dem Jahr 2021 beklagt. Aus Sicht der GKV sollte es durch die Korrektur eines preisbildenden Faktors zu einer Absenkung der Preise für physiotherapeutische Leistungen kommen. Die Klage des GKV-SV war allerdings nicht erfolgreich und wurde vom Landessozialgericht mit dem Urteil Ende April zurückgewiesen. Damit ist die Gefahr einer rückwirkenden Absenkung der Vergütung für die Branche gebannt.
Die Klagen der maßgeblichen Physiotherapieverbände waren teilweise erfolgreich:
Zu der ersten Klage hat das LSG entschieden, dass die Schiedsstelle bereits im ersten Schiedsverfahren 2021 eine Vergütungsvereinbarung hätte festsetzen müssen. Das war aber nicht der Fall, da die Schiedsstelle im ersten Schritt lediglich eine Anpassung in Höhe von 1,51 Prozent zum 1. April 2021 festgesetzt und die Verbände und den GKV-SV zu erneuten Verhandlungen verpflichtete. Der erste Schiedsspruch war insofern rechtswidrig. Diese Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die Frage, welche Partei welche Gerichtskosten zu tragen hat. Die Entscheidung ist für die Verbände als positiv zu bewerten.
Erfolgreich war die Klage der Physiotherapieverbände auch bei der Forderung nach einer Festsetzung von Zahlbeträgen zum Ausgleich eingetretener Vergütungsausfälle für den Zeitraum vom 10. Januar 2021 bis zum 31. März 2021. Die Schiedsstelle hatte diese Zahlbeträge mit Hinweis auf eine andere Interpretation des Gesetzes bislang zu Unrecht verweigert. Die Schiedsstelle wurde nun vom LSG verpflichtet, im Nachhinein einen Ausgleich der Vergütungsausfälle für die Zeit ab dem 10. Januar 2021 zu regeln. Die konkrete Ausgestaltung dieses Ausgleichs liegt allerdings im Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle. Daher können die Verbände hierzu noch keine konkreten Angaben machen.
In der zweiten Klage der Physiotherapieverbände wurden verschiedene Aspekte beklagt. Die Verbände haben insbesondere versucht, bestimmte Faktoren – zur Preisfindung für eine angemessene Vergütung physiotherapeutischer Leistung – durch eine gerichtliche Entscheidung zu Gunsten der Branche zu verändern. Hier ging es insbesondere um die preisbildenden Parameter wie z.B. die Anzahl in einer Durchschnittspraxis tätigen Therapeuten, die Jahresleistungszeit der Therapeuten und der aus Sicht der Verbände besonders wichtigen Frage, ob die Entwicklung der Personalkosten in der Physiotherapie an die Entwicklung der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst (TVöD) oder an der realen Entwicklung der Gehälter in den Praxen, gekoppelt wird. Alle entsprechenden Klageanträge wurden jedoch vom LSG zurückgewiesen. Dabei haben die Richter keine inhaltliche Bewertung dazu vorgenommen, ob die von den Berufsverbänden beklagten Faktoren zur Preisfindung die tatsächliche Situation in der Physiotherapie widerspiegeln, im Gegenteil: Die Begründung des LSG dazu lautet lediglich, dass sich die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung in einem zulässigen Rahmen bewegt habe und ihr ein weiterer Beurteilungsspielraum zustünde. Rechtliche Vorgaben seien von der Schiedsstelle dabei nicht verletzt worden. Die Urteilsbegründung werden die Verbände nun intensiv mit ihrer anwaltlichen Vertretung diskutieren, um entscheiden zu können, ob das Urteil des LSG so akzeptiert werden muss oder vor dem Bundessozialgericht angefochten werden sollte.
Sobald weitere Informationen vorliegen, werden die Verbände ihre Mitglieder informieren.