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21.02.2006 – Bundesverband

2. Symposium der AG MTG

„Medizinalfachberufe in Deutschland – Auf dem Weg nach Europa“
Unter dem Motto „Medizinalfachberufe in Deutschland – Auf dem Weg nach Europa“ fand das Symposium der Arbeitsgemeinschaft Medizinalfachberufe in der Therapie und Geburtshilfe (AG MTG) am 1. Februar 2006 in Bonn statt. Die AG hatte sich bei ihrer Gründung als Arbeitsgemeinschaft 1991 das Engagement für die Akademisierung der Medizinalfachberufe in Deutschland auf die Fahnen geschrieben. Ziel des Symposiums der AG MTG war es, vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses und der Entwicklung in den europäischen Nachbarstaaten, insbesondere der Schweiz und Österreich, Wege zur weiteren Professionalisierung aufzuzeigen. Damit sollten den Forderungen der Berufsangehörigen und ihrer nationalen und europäischen Dachverbände an die Bundesregierung Rechnung getragen werden, in Deutschland als letztem europäischen Land, die Medizinalfachberufe zukünftig ebenfalls grundständig akademisch auszubilden. Rund 50 geladene Gäste aus Gesundheits- und Sozialministerien, politischen Ausschüssen der Länder, Fachhochschulen und Universitäten Deutschlands, Vorsitzende und Vertreter der Verbände in Therapie und Geburtshilfe, sowie Gäste aus Ausbildungsstätten und Hochschulen verfolgten mit großem Interesse die von Experten vorgestellten neuesten Veränderungen. Dabei ging es vor allem um die positiven Entwicklungen und Ergebnisse, aber auch um die Hindernisse für die Akademisierung der Medizinalfachberufe in Therapie und Geburtshilfe im In- und Ausland. Erfreulich war, dass zumindest Vertreter von drei Länderministerien der Einladung der AG MTG gefolgt sind, am Symposium teilzunehmen: Doris Röckendorf (Behörde für Wissenschaft und Gesundheit Hamburg), Holger Kühl (Senator, Gesundheitsministerium Hansestadt Bremen), Waltraud Hopp (Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein). Bedauerlich – beziehungsweise geradezu symptomatisch – war andererseits, dass nicht mehr Länderministerien das Thema für wichtig genug hielten, um ihre Vertreter zu entsenden. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Sprecher der AG MTG, Jürgen Ungerer vom Deutschen Bundesverband der Ergotherapeuten (DVE), moderiert wurde von Carola Schnitzler, Deutscher Verband für Logopädie (dbl) und Bodo Schlag vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) führte mit einem Impulsreferat in die Veranstaltung ein. „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen Windmühlen!“ Dieses chinesische Sprichwort bestätigte sich eindrucksvoll in den nachfolgenden Vorträgen. Andrea Becker vom BMG (Bundesministerium für Gesundheit) machte unmissverständlich die Position ihrer Behörde deutlich, dass eine Öffnungsklausel im Berufsgesetz (welche bedeuten würde, dass nicht nur eine Ausbildung im traditionellen sekundären Bereich, sondern auch ein Hochschulstudium zur Berufsanerkennung führen kann) von politischer Seite gesehen nicht wünschenswert ist und weder auf Bundesebene noch auf Länderebene auf eine genügend breite Zustimmung trifft – also der Wind zur Debatte nicht genutzt wird. Die jüngsten Entwicklungen im deutschsprachigen Ausland erwecken hingegen einen ganz anderen Eindruck. Eugen Mischler vom Schweizerischen Verband der medizinisch-technischen und medizinisch-therapeutischen Gesundheitsberufe referierte über die „Auslöser und Hindernisse auf dem Weg der Akademisierung der Gesundheitsberufe in der Schweiz“ und Sylvia Mériaux-Kratochvila von Physio Austria befasste sich mit der „Akademisierung der Physiotherapieausbildung in Österreich“. Diese beiden Vorträge machten deutlich, dass hier sehr wohl die Zeichen der Zeit erkannt wurden und der Wind des Wandels zu einer Überführung der Ausbildung der Medizinalfachberufe in den hochschulischen Bereich führen musste und geführt hat. Prof. Dr. Heidi Höppner, FH Kiel, referierte über die „Akademisierung der Medizinalfachberufe in Deutschland – warum, wie und wie besser nicht“ und zeichnete ein Bild der Notwendigkeit, der Möglichkeiten, aber auch der derzeitigen Schwierigkeiten und des Sonderwegs der Akademisierungsansätze in unserem Land. Weitere Referenten waren Prof. Dr. Matthias Elzer von der Universität Marburg, Prof. Dr. phil Walter Huber von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Gerti Becker-Dittrich von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - Sekretariat der Kultusministerkonferenz sowie Prof. Dr. Ulrike Marotzki, FH Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, Studiengang Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. In den im Anschluss an die Referate sehr engagiert geführten Diskussionen forderten die Hochschulvertreter von der Politik insbesondere die Umsetzung des Bologna-Prozesses, das Aufbrechen tradierter Bildungshierarchien und der Medizinerdominanz. Die Berufsverbände der Medizinalfachberufe der AG MTG machten sich vor allem für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung der Patienten stark, welche nur durch eine an die Erfordernisse der Berufsausübung angepasste Ausbildung im tertiären Bereich sicherzustellen ist. Kritisiert wurde von einigen Rednern die noch zu geringe Darstellung des gesellschaftlichen Nutzens der Akademisierung der Medizinalfachberufe gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit. Studierte Medizinalfachberufe dürften nicht als Exoten in Deutschland angesehen werden. Das vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) und Deutschen Verband für Ergotherapie (DVE) organisierte AG MTG Symposium 2006 war für alle Befürworter der Akademisierung der Medizinalfachberufe insgesamt ernüchternd, die glaubten, auf dem Weg der grundständigen Akademisierung zu sein. Grundlage dafür muss eine entsprechende Novellierung der Berufsgesetze im Sinne der Öffnungsklausel mit der Anhebung der Ausbildung generell auf Fachhochschulniveau von der Bundesregierung sein. Beharrlich halten die zuständigen Ministerien jedoch an ihren Forderungen fest, dass die Ausbildung im sekundären Bildungsbereich stattfinden und die Professionalisierung als Weiterbildungsstudium innerhalb der Hochschulen ausgebaut werden soll. Die von der Politik ausgehenden Signale bezüglich der Medizinalfachberufe sind leider mehr als ernüchternd. Beharrlich halten die zuständigen Ministerien sowie das Bundesministerium für Gesundheit an ihrer Auffassung fest, dass die Ausbildung im sekundären Bildungsbereich stattfinden muss und die Professionalisierung nur über Weiterbildungsstudiengänge vor allem in den Bereichen Management, Pädagogik und Forschung gefördert werden sollte. Die ausländischen Gäste des Symposiums empfanden diese Position als äußerst befremdlich, bei den Teilnehmern aus den Hochschulen und Berufsverbänden löste sie in den Diskussionen hitzigen Widerspruch aus. Unbeeindruckt von diesen restriktiven politischen Rahmenbedingungen wird die AG MTG und damit die ihr angeschlossenen Berufsverbände – so auch der ZVK - weiter beharrlich den Wind des Wandels nutzen und die Überführung der Ausbildung der Medizinalfachberufe in Therapie und Geburtshilfe in den hochschulischen Bildungsbereich fordern, so wie es in Europa heute schon überall – außer in Deutschland – Realität ist. Zu einer Windstille in dieser Frage in Deutschland darf und wird es nicht kommen! Weitere Informationen zum Thema Akademisierung sowie Vorträge/Abstracts des Symposiums finden Sie unter www.agmtg.de. Birgit Kienle, Referatsleiterin Referat Aus-, Fort- und Weiterbildung Bodo Schlag, stv. ZVK-Vorsitzender