Ab dem 01.07.2007: Neue Muster für die Verordnung von Rehabilitationssport und Funktionstraining
Neue Ausrichtung
„Die Rehabilitationsziele orientieren sich im Sinne der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (International Classification of Functioning, Disability and Health ICF) an dem gesamten Lebenshintergrund der betroffenen Menschen.“
Wesentlich dabei ist, dass die verbliebenen Fertigkeiten und Fähigkeiten zu unterstützen sind und nicht wie bisher die Defizite im Vordergrund stehen.
Kostenregelung (Mitgliedschaft/Zuzahlung)
Die Rehabilitationsträger begrüßen eine Mitgliedschaft der Patienten in den Rehabilitationssport- bzw. Funktionstrainingsgruppen auf freiwilliger Basis, um die eigenverantwortliche Durchführung des Bewegungstrainings zu fördern und nachhaltig zu sichern. Eine Mitgliedschaft in der Gruppe, Selbsthilfegruppe oder im Verein ist jedoch für die Teilnahme am Rehabilitationssport bzw. Funktionstraining für die Dauer der Verordnung zu Lasten eines Rehabilitationsträgers nicht verpflichtend. Es ist nicht zulässig, neben der Vergütung des Rehabilitationsträgers für die Teilnahme am Rehabilitationssport bzw. Funktionstraining Zuzahlungen, Eigenbeteiligungen etc. von den Teilnehmer/-innen zu fordern. Mitgliedsbeiträge bei freiwilliger Mitgliedschaft sind möglich.
Leitung des Rehabilitationssports und des Funktionstrainings
Hinsichtlich der Leitung des Rehabilitationssports und des Funktionstrainings ergaben sich keine Änderungen; hier werden die Voraussetzungen nochmals dargestellt:
- Beim Rehabilitationssport müssen die Übungen von Übungsleitern/-innen geleitet werden, die aufgrund eines besonderen Qualifikationsnachweises - z.B. Fachübungsleiter/-in „Rehabilitationssport“ nach den Ausbildungsrichtlinien des DBS bzw. nach den Rahmen-Richtlinien für die Ausbildung im Bereich des Deutschen Sportbundes - die Gewähr für eine fachkundige Anleitung und Überwachung der Gruppen bieten.
- Beim Funktionstraining kommen für die Leitung der Trainingsgruppen vor allem Physiotherapeuten/-innen / Krankengymnasten/-innen mit speziellen Erfahrungen und spezieller Fortbildung für den Bereich der rheumatischen Erkrankungen / Osteoporose einschließlich Wassergymnastik sowie Atemgymnastik und mit Kenntnissen und Erfahrungen in der psychischen und pädagogischen Führung in Betracht. Sie müssen in der Lage sein, die Leistungsfähigkeit und die darauf abzustimmenden Übungen für den/die einzelnen Patienten/-in einzuschätzen.
Die Leitung der Funktionstrainingsgruppen kann auch von anderen qualifizierten Therapeuten/-innen (z.B. Diplomsportlehrer/-innen, Masseur/-innen und Medizinische Bademeister/-innen) mit einer von den Rehabilitationsträgern anerkannten Fort-/Zusatzausbildung für das Funktionstraining wahrgenommen werden. - Die für den Rehabilitationssport und das Funktionstraining mit Kindern und Jugendlichen eingesetzten Übungsleiter/-innen müssen darüber hinaus die dafür erforderlichen psychologischpädagogischen Fähigkeiten besitzen.
a) Regelfall: 12 Monate
b) Außerhalb des Regelfalls: 24 Monate bei schwerer Beeinträchtigung der Beweglichkeit/ Mobilität durch chronisch bzw. chronisch progredient verlaufende entzündlich rheumatische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Psoriasis-Arthritis), schwere Polyarthrosen, Kollagenosen, Fibromyalgie-Syndrome und Osteoporose.
c) Folgeverordnung: Eine längere Leistungsdauer ist nur möglich, wenn die langfristige Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung wegen geistiger oder psychischer Krankheiten/Behinderungen, die selbstgesteuerte Aktivitäten zur Durchführung des Übungsprogramms nicht ermöglichen, nicht oder noch nicht gegeben ist. In diesen Fällen erfolgen die Erst- bzw. ggf. weitere notwendige Folgeverordnung(en) bei Funktionstraining für 24 Monate. Die Folgeverordnungen werden wie die Erstverordnung vom behandelnden Arzt und nicht wie bisher von einem Arzt besonderer Fachrichtung (Psychiatrie/Neurologie/Psychosomatik/ Psychotherapie) gesondert ausgestellt.
Leistungsumfang in der GKV für Rehabilitationssport
a) Regelfall: 50 Übungseinheiten in einem Zeitraum von 18 Monaten
Neu ist, dass die Indikationen für den erweiterten Leistungsumfang konkretisiert werden.
b) Außerhalb des Regelfalls: 120 Übungseinheiten in einem Zeitraum von 36 Monaten bei folgenden Krankheiten:
- Infantile Zerebralparese
- Querschnittlähmung, schwere Lähmungen (Paraparese, Paraplegie, Tetraparese,
- Tetraplegie)
- Doppelamputation von Gliedmaßen (Arm/Arm, Bein/Bein, Arm/Bein)
- Organische Hirnschädigungen durch:
- Schädel-Hirn-Trauma
- Tumore
- Infektion (Folgen entzündlicher Krankheiten des ZNS)
- vaskulären Insult (Folgen einer zerebrovaskulären Krankheit) - Multiple Sklerose
- Morbus Parkinson
- Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)
- Glasknochen (Osteogenesis imperfecta)
- Muskeldystrophie
- Marfan-Syndrom
- Asthma bronchiale
- Chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD)
- Mukoviszidose (zystische Fibrose)
- Polyneuropathie
- Dialysepflichtiges Nierenversagen (terminale Niereninsuffizienz)
- therapieresistenter Epilepsie
- in den letzten 12 Monaten vor Antragsstellung erworbenen Blindheit beider Augen
Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung/Krankheit können auch langfristig bis hin zu lebenslang Folgeverordnungen erhalten. Eine längere Leistungsdauer ist nur möglich, wenn die langfristige Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung wegen geistiger oder psychischer Krankheiten/Behinderungen, die selbstgesteuerte Aktivitäten zur Durchführung des Übungsprogramms nicht ermöglichen, nicht oder noch nicht gegeben ist. In diesen Fällen erfolgen die Erst- bzw. ggf. weitere notwendige Folgeverordnung(en) bei Rehabilitationssport für 120 Übungseinheiten in 36 Monaten. Die Folgeverordnungen werden wie die Erstverordnung vom behandelnden Arzt und nicht wie bisher von einem Arzt besonderer Fachrichtung (Psychiatrie/Neurologie/Psychosomatik/Psychotherapie) gesondert bescheinigt. Für alle übrigen Behinderungen/Krankheiten endet die Leistung zunächst nach Inanspruchnahme der verordneten Übungseinheiten.
Leistungsumfang in der GKV - Rehabilitationssport in Herzgruppen
a) Regelfall: Der Leistungsumfang bleibt bei 90 Übungseinheiten in einem Zeitraum von 30 Monaten (statt wie bisher 24 Monate).
b) Außerhalb des Regelfalls: Herzkranke Kinder und Jugendlichen können 120 Übungseinheiten innerhalb von 24 Monaten in Anspruch zu nehmen.
c) Folgeverordnungen:
Folgeverordnungen (90 Übungseinheiten in einem Zeitraum von 30 Monaten) sind möglich bei:
- bei reduzierter links ventrikulärer Funktion (EF6 < 40 %) und eingeschränkter (= maximale ergometrische Belastbarkeit abzüglich Dauerbelastbarkeit 0,75 W/kg 30 %) Körpergewicht (Nachweise nicht älter als 6 Monate) als Folge einer Herzkrankheit oder
- bei symptomlimitierter 0,75 W/kg Dauerbelastbarkeit auf Werte als 6??Körpergewicht (Nachweise nicht älter Monate) aufgrund von Ischämiekriterien (belastungsabhängige Angina pectoris oder ST-Streckensenkungen bei nicht revaskularisierbaren Patienten).
- wenn die langfristige Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung wegen geistiger oder psychischer Krankheiten/Behinderungen, die selbstgesteuerte Aktivitäten zur Durchführung des Übungsprogramms nicht ermöglichen, nicht oder noch nicht gegeben ist.
Die/der betreuende Ärztin/Arzt kann die Teilnahme von bis zu maximal 20 Teilnehmer (bisher waren es max. 15) in Herzsportgruppen zulassen.
Grundsätzlich besteht ein neuer Anspruch auf Rehabilitationssport und Funktionstraining nach einer ambulanten oder stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
Näheres ist in den Empfehlungen der Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen und der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) vom 24. Juli 2003 geregelt. Hinsichtlich der Besonderheiten des Rehabilitationssports mit herzkranken Kindern ist das DGPR-Positionspapier „Die Kinderherzgruppe (KHG)“ vom Oktober 2005 zu beachten. Es wird empfohlen, sie den betreuenden Ärzten/Ärztinnen vorzulegen. Diese Empfehlungen finden Sie im Internet unter: www.dgpr.de/47.0.html.
Zusammenfassung der bisherigen Verordnungsmuster 56 und 57
Im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Rahmenvereinbarung wurden auch die Verordnungsvordrucke angepasst. Die Verordnungsvordrucke für den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (Muster 56 und 57) wurden zusammengefasst (neu Muster 56.1/E und Muster 56.2/E (Rückseite)). Das Muster 58 (Ärztliche Bescheinigung zur ärztlichen Folgeverordnung) entfällt. Die Vordrucke werden - wie in der Vergangenheit - sowohl beim Vertragsarzt als auch bei den Krankenkassen vorgehalten. Für die Teilnahmebestätigung des Versicherten, die für jede Übungsveranstaltung zu leisten ist, sowie für die Abrechnung der Vergütungen wird sowohl für den Rehabilitationssport als auch für das Funktionstraining ein Mustervordruck von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt. Interessierte Mitglieder können sich das neue Verordnungsblatt unter www.vdak.de/vertragspartner/vorsorge-rehabilitation/Reha-Sport/muster_56.pdf herunterladen.
Birgit Kienle
Referat AFW des ZVK