05.07.2005
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Bundesverband
Aus dem Fachgebiet der einst verächtlich genannten „Gyn-Tanten“, die ein wenig „vor sich hin entspannen“ wurde ein integraler Bestandteil der Physiotherapie
Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie stellt sich vor.
Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie (AG GGUP) im Deutschen Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/ Krankengymnasten (ZVK) e.V. feiert dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum. Die Entstehungsgeschichte begann bereits 1971 mit der Gründung der AG Geburtshilfe, 1985 wurde die Arbeitsgemeinschaft in AG Geburtsvorbereitung umbenannt. Anlass war, dass eine Lehrergruppe des ZVK aus dem Bundesgebiet für das Fach Gynäkologie das Curriculum erarbeitete. Anne Muzykorska, eine Lehrkraft aus Berlin, wurde von Antje Hüter-Becker, ehemalige Vorsitzende des ZVK-Bundesverbandes ermutigt, bei der Gründung einer solchen Arbeitsgemeinschaft mitzuwirken.
Die erste Fortbildung für Lehrer in der Krankengymnastik war eine logische Folge und wurde von 36 Lehrerinnen für das Fach Gynäkologie dankbar angenommen. So fanden die Fachfrauen der Bundesrepublik ihren Einstieg in die Arbeit. Die Gründungsfrauen wie Renate Tanzberger, Angela Heller, Hella Krahmann, Ingeborg OBeirne und Anne Muzykorska hoben das Gebiet fachlich und inhaltlich aus den altbackenen Mythen heraus und entwickelten neue Ideen, z.B. bei der Geburtsvorbereitung die vertikale Gebärstellung oder andere Atemtechniken für die verschiedenen Geburtsphasen. Die ausgewiesenen Expertinnen in diesem Bereich entdeckten auch den Beckenboden als physiotherapeutisches Handlungsgebiet sowie mit welchen Methoden und in welchen Ausgangsstellungen er „beübt“ werden kann – Bereiche, die in der Physiotherapie noch Neuland waren. So existierte der Beckenboden in der damaligen Ausbildung so gut wie gar nicht.
Aus der AG Geburtvorbereitung wurde alsbald die AG Geburtshilfe und schließlich schrieb sich die Arbeitsgemeinschaft den ganzen Bereich „zwischen Bauchnabel und Knie“ auf die Fahnen. Dies war Motivation genug, um die AG GGUP zu gründen, die seit 1995 fortan die Fachgebiete Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie umfasst. Der neue Name entsprach auch der tatsächlich stattgefundenen Entwicklung der Physiotherapie in diesem Bereich, der von verschiedenen Fachausrichtungen abgedeckt wird. „Wir waren nicht nur in der Geburtsvorbereitung oder Geburtshilfe, d.h. Rückbildung und Arbeit nach der Geburt tätig, sondern es kamen auch die Inkontinenz-Behandlung, Physiotherapie bei Schwangerschaftsbeschwerden sowie die Behandlung nach einer Brustoperation dazu unter Einbeziehung von Männern“, betont Ulla Henscher, seit zehn Jahren Leiterin der AG GGUP. „Dies sollte in unserem Namen deutlich gemacht werden, getan haben wir es vorher schon.“ Die heutigen Mitglieder der AG hinterfragten alte Hüte im Übungsangebot kritisch und entfernten sie rigoros aus den Behandlungskonzepten.
Blickt man auf die letzen 20 Jahre zurück, so hat die AG GGUP einiges im Bereich der Physiotherapie bewegt. Als klassisches Handlungsgebiet für Frauen erstreckt sich die Behandlung mittlerweile auf Männer und Kinder und umfasst somit auch die Proktologie, Andrologie und Urologie. Dies entspricht dem physiotherapeutischen Selbstverständnis, die einzelnen Bereiche in das Gesamtbild des Menschen zu integrieren und damit auch in den Blickpunkt anderer Fachrichtungen zu setzen. In diesem Sinne hat die Blasenfunktionsstörung in der Neurologie genauso eine Berechtigung wie in der Orthopädie. Der fachliche Bogen spannt sich heute von der Geburtsvorbereitung über die Rückbildungsgymnastik, die funktionelle Beckenbodenarbeit, die Behandlung von Frauen nach Brustoperationen bis hin zu hormonellen Störungen und Beschwerden. „Wir trainieren nicht nur den Beckenboden, sondern wir therapieren bei bestimmten Störungsbildern unter Anwendung von verschiedenen Techniken und unter Berücksichtung des ganzen Menschen“, so Ulla Henscher. „Aus dem Fachgebiet der einst verächtlich genannten „Gyn-Tanten“, die ein wenig „vor sich hin entspannt haben“, so Henscher, „wurde ein integraler Bestandteil der Physiotherapie.“
Lesen Sie den kompletten Artikel in der anliegenden PDF-Datei u.a. über den „Beckenboden-Therapeuten“, die Vergütung und Zertifizierung, die Aufwertung der physiotherapeutischen Leistung durch Aufnahme in die Brustkrebs-Zertifizierung sowie die Herausforderung für die Zukunft: physio - logisch erklärbare Fachinhalte auf wissenschaftliche Füße stellen.
Der komplette Artikel erscheint in der „Zeitschrift für Physiotherapeuten“ des ZVK Ausgabe 7/2005