16.11.2016
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Bundesverband
Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung: 1. Lesung zeigt Nachbesserungsbedarf auf
Nun ist es endlich soweit: Das parlamentarische Beratungsverfahren für das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) hat am 10. November 2016 im Deutschen Bundestag mit der 1. Lesung begonnen. Die Mehrheit der Fraktionen teilen die Meinung von PHYSIO-DEUTSCHLAND: Das Gesetz ist gut gemeint, reicht aber nicht weit genug und muss nachgebessert werden.

Aufgrund der späten Beratungsstunde hat der Bundestag beschlossen, die Reden der Abgeordneten dem Protokoll der Sitzung anzuhängen. Wir haben diese ausgewertet und berichten hier über die wichtigsten Punkte.
Der Wille ist da, die Ausgestaltung benötigt Feinschliff
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) will mit dem HHVG mehr als 330.000 Heilmittelerbringern in Deutschland den Rücken stärken. Zwei Maßnahmen stehen dabei im Mittelpunkt für den Heilmittelbereich. Das Gesetz soll:- eine weitere Flexibilisierung des Systems der Preisfindung im Heilmittelbereich ermöglichen und
- die Heilmittelerbringer stärker als bislang in die Versorgungsverantwortung einbeziehen.
Befristung der Abkoppelung von der Grundlohnsumme nicht zielführend
Aktuell sieht der Gesetzesentwurf eine Befristung der Entkoppelung von der Grundlohnsummenrate auf zunächst drei Jahre vor. Das stößt auf Kritik im Deutschen Bundestag. "Die Therapeuten müssen dauerhaft die Möglichkeit haben, auch oberhalb der Veränderungsrate verhandeln zu können", kritisiert Dr. Roy Kühne (CDU) den Gesetzentwurf in seiner Rede zur 1. Lesung. Aus seiner Sicht dünnen hohe Schulgeldkosten und geringe Verdienstmöglichkeiten die Berufsgruppen der Heilmittelerbringer zunehmend aus. Dr. Roy Kühne betont, dass er sich intensiv darum bemühen werde, zur Formulierung aus dem Referentenentwurf des Ministeriums zurückzukehren. Denn eine Befristung war zunächst nicht vorgesehen. Noch deutlicher wird Birgit Wöllert von der Fraktion DIE LINKE: "Dieser Gesetzentwurf wird sich unter anderem daran messen lassen müssen, ob er für diese Berufsgruppen eine substanziell bessere Vergütung gebracht hat". Die Befristung der Flexibilisierung hält sie sogar für eine Hinhaltetaktik.Mehr Mut bei Versorgungsansätzen gefordert
"Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bleibt viel zu zögerlich", erklärt Elisabeth Scharfenberg von Bündnis 90/DIE Grünen zu den Modellvorhaben zur Blankoverordnung. Diese sollen schnellstmöglich zur Regelversorgung werden, fordert sie. Vor allem: Modellprojekte müsse es zur Erprobung des Direktzugangs geben, erklärt die Gesundheitspolitikerin. Birgit Wöllert weist darauf hin, dass es in der Physiotherapie bereits zwei Modellvorhaben zur Blankoverordnung mit ersten Zwischenergebnissen gibt und eine Ausdehnung der Erprobungsphase nicht erforderlich sei. Modellversuche zum Direktzugang seien dagegen längst überfällig. Zum Abschluss der 1. Lesung im Deutschen Bundestag unterstreicht Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, die steigende Bedeutung des Heil- und Hilfsmittelbereichs in der medizinischen Versorgung. Eine 2014 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte Studie belege zudem einen starken Fachkräftemangel in der Physiotherapie und Logopädie. Am Ende der 1. Lesung hat der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an seinen Gesundheitsausschuss verwiesen. Dort wird am 30. November 2016 eine Anhörung stattfinden, zu der auch PHYSIO-DEUTSCHLAND geladen ist.Positionen von PHYSIO-DEUTSCHLAND klar
PHYSIO-DEUTSCHLAND und die Mitgliedsverbände des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) werden in der Anhörung zum HHVG eindeutige Forderungen stellen:- Die Grundlohnsummenbindung muss unbefristet fallen.
- In Versorgungsmodellen soll der Direktzugang erprobt werden.