04.10.2005
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Bundesverband
Gut genagelt heilt besser
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Mainz entwickeln einen optimierten Nagel für problematische Schienbeinbrüche
Wissenschaftler der Klinik für Unfallchirurgie des Uniklinikums Mainz haben einen Titan-Nagel entwickelt, mit dem Schienbeinbrüche vor allem in der Nähe des Kniegelenkes und des Sprunggelenkes besser als bisher versorgt werden können. Dadurch heilt der gebrochene Knochen schneller und Fehlstellungen durch falsches Zusammenwachsen können weitgehend verhindert werden. Den Proximalen Tibia Nagel - kurz PTN - hat die Schweizer Firma Synthes inzwischen zu einem \"Allround-Nagel\" für Schienbeinfrakturen, der den Namen \"Expert(tm) Tibianagel\" trägt, weiterentwickelt.
Verkehrsunfälle, Sportunfälle, Stürze aus unterschiedlicher Höhe – das sind die Hauptursachen für gebrochene Schienbeine, im Fachjargon Tibia. Dabei stellen solche Schienbeinbrüche die häufigsten Frakturen eines langen Röhrenknochens beim Menschen dar. Besonders schwerwiegend sind Brüche am oberen Ende des Schienbeins, also in der Nähe des Kniegelenkes. \"Um solche proximalen Frakturen zu stabilisieren, kann der Unfallchirurg beispielsweise Nagel-Implantate in den Knochen einbringen und dort verankern\", erklärt Prof. Rommens. \"Doch das ist nicht immer unproblematisch. Einer der Gründe ist, dass der kleine Knochenteil oberhalb des Bruches sehr instabil ist und oft nicht optimal stabilisiert werden kann. Das verzögert natürlich die Heilung. Auch andere Techniken zur Stabilisierung - etwa Platten oder eine Fixierung von außen - haben ihre Nachteile.\"
Deshalb haben sich Wissenschaftler an der Mainzer Klinik für Unfallchirurgie daran gemacht, einen \"idealen\" Nagel für knienahe - proximale - Schienbeinbrüche zu entwickeln. So entstand ein Mainzer Nagel - der proximale Tibia Nagel (PTN). Der Clou des neuen Nagels ist die Verriegelungstechnik - also die Anordnung von Schrauben, mit denen der Nagel im Knochen verankert wird. Durch drei Schrauben auf unterschiedlichen Ebenen kann der Nagel besonders stabil mit dem Knochen verbunden werden.
Im Biomechanik Labor haben die Wissenschaftler den PTN im wahrsten Sinne des Wortes auf Biegen und Brechen getestet. Mit einer speziellen Versuchsanordnung können sie etwa Biege- oder Dreh-Bewegungen des Unterschenkels naturgetreu simulieren. So setzen sie den Nagel genau jenen Belastungen aus, die er auch im \"wahren Leben\" aushalten muss.
Die Wissenschaftler verglichen den PTN mit vier Alternativen, die teils bereits in der klinischen Anwendung, teils erst in der präklinischen Phase sind. Am Ende vieler Testreihen stand fest: Der neue PTN ist das zuverlässigste Implantat und hält auch großen Belastungen stand, ohne sich zu verformen oder gar zu brechen.
Auch erste klinische Tests hat der neue PTN bereits bestanden. Und die Ergebnisse sind viel versprechend. So ist der neue Nagel einerseits leichter und sicherer in den Knochen zu implantieren. Andererseits verzeichnen die Ärzte eine nur geringe Rate an Fehlstellungen – so kann der Knochen auch schneller und komplikationsärmer heilen. /idw