Physio Deutschland fordert kritischere Evaluation der Notwendigkeit von Hüftgelenkersatzoperationen
Stete Zunahme von Hüftgelenkersatzoperationen
Dr. Minettchen Herchenröder, Generalsekretärin von Physio Deutschland, kommentiert: „Die Anzahl der durchgeführten Hüftgelenkersatzoperationen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Es stellt sich die Frage, ob alle diese Eingriffe medizinisch notwendig sind oder ob alternative Behandlungsmethoden, wie physiotherapeutische Maßnahmen, ausreichend in Betracht gezogen werden .“ Laut einer aktuellen Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt ist Deutschland Spitzenreiter bei der Anzahl der Hüftgelenkersatz-operationen in Europa. Studien zeigen, dass viele Patient*innen von konservativen Behandlungsmethoden profitieren könnten, bevor ein chirurgischer Eingriff in Erwägung gezogen wird. Dr. Herchenröder fügt hinzu: „Physiotherapie bietet eine Vielzahl von Vorteilen, darunter die Verbesserung der Beweglichkeit und Schmerzlinderung ohne die Risiken, die mit einer Operation einhergehen.“
Es gibt zudem verschiedene Projekte, die für Betroffene von Interesse sein könnten. Das Konzept „GLA:D“ beispielsweise ist solch ein Projekt – es steht für Good Life with osteoArhritis in Denmark – und ist ein evidenzbasiertes Versorgungskonzept für Hüft- und Kniearthrosepatient*innen. Durch Edukation, Lebensstiländerung, Aktivität und Physiotherapie soll das Fortschreiten der Erkrankungen in der Entstehung verhindert werden. Pro Jahr absolvieren zirka 10.000 Patient*innen mit Knie- oder Hüftarthrose erfolgreich das Programm, dessen Effekte anhand mehrerer Faktoren fortlaufend evaluiert werden.
Nicht-operative Behandlungen stärker gewichten
Die Kosten und Belastungen einer Operation sind erheblich. Physio Deutschland plädiert daher für eine stärkere Gewichtung der nicht-operativen Behandlungsmethoden in der medizinischen Praxis. Dr. Herchenröder betont: „Patientinnen und Patienten sollten umfassend über alle möglichen Behandlungsoptionen informiert werden. Eine frühzeitige und konsequente physiotherapeutische Behandlung kann viele Operationen überflüssig machen.“
Sämtliche Behandlungsoptionen ausschöpfen – erst dann entscheiden
Physio Deutschland fordert zudem eine verbesserte Aufklärung der Patient*innen und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Orthopäden und Physiotherapeuten. Nur so kann gewährleistet werden, dass Patient*innen die für sie beste Behandlung erhalten. „Die Entscheidung für eine Operation sollte erst dann getroffen werden, wenn alle anderen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind“, so Dr. Herchenröder. Jede Operation birgt im Übrigen Gefahren in sich. Von daher sollte es im Interesse einer jeden Patientin und eines jeden Patienten liegen, sich diesem Risiko nicht ohne weiteres auszusetzen. Jede Patientin und jeder Patient hat das Recht, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Abschließend appelliert Dr. Herchenröder: „Es ist an der Zeit, die Indikationen für Hüftgelenkersatzoperationen kritischer zu hinterfragen und die Vorteile der Physiotherapie stärker in den Fokus zu rücken. Nur so können wir eine patientenorientierte und nachhaltige Gesundheitsversorgung sicherstellen.“
Externe Quellen
Ärzteblatt (2023): Hüftgelenkersatz: Operieren wir zu viel? Link zum Artikel: https://www.aerzteblatt.de/archiv/239610/Hueftgelenkersatz-Operieren-wir-zu-viel
Ärzteblatt (2014): Hüft- und Kniegelenkersatz in Deutschland und den USA. Link zum Artikel: https://www.aerzteblatt.de/archiv/160541/Hueft-und-Kniegelenkersatz-in-Deutschland-und-den-USA
Konzept „GLA:D“:Startseite - GLA:D® Deutschland (glad-deutschland.de)
GLA:D steht für Good Life with osteoArhritis in Denmark und ist ein evidenzbasiertes Versorgungskonzept für Hüft-, und Kniearthrosepatienten. Es wurde 2013 mit dem Ziel eingeführt, internationale und wissenschaftsbasierte Behandlungsrichtlinien in der Praxis umzusetzen.