Neue Kompetenz bei gebrochenen Knochen
An der Uni Würzburg entsteht derzeit eine zweite Chirurgische Klinik. Als Direktor wurde Professor Rainer Meffert aus Münster berufen, der Anfang Januar 2007 sein Büro im Zentrum für Operative Medizin (ZOM) bezogen hat.
"Ich treffe hier auf ein sehr erfahrenes Team aus Unfallchirurgen und Plastischen Chirurgen, mit denen es sicher sehr spannend wird, eine neue Klinikstruktur aufzubauen", so der neue Direktor. In der Chirurgischen Klinik II sollen künftig die Gebiete Unfall- und Handchirurgie sowie Plastische und Wiederherstellungschirurgie vereint werden. Dieses Konzept bezeichnet Meffert als sehr gut, denn das Zusammenwirken genau dieser Disziplinen hat sich zur Behandlung schwerer Extremitätenverletzungen als besonders erfolgreich erwiesen.
Das Know-how aus Plastischer und Unfallchirurgie wird dem Gebiet der Handchirurgie eine neue Dimension geben. Diesen Bereich werden wir stärker denn je vertreten können und in enger Zusammenarbeit mit unseren Ergotherapeuten sehr umfassend anbieten", so Meffert, der die letzten sieben Jahre an der Universität Münster gearbeitet hat, die als Deutschlands erste Universitätsklinik die Unfall- und Handchirurgie als Ausbildungsphilosophie zusammengeführt hat.
Die wissenschaftlichen Interessen von Meffert orientieren sich stets an klinisch relevanten Fragestellungen. Komplizierten Knochenbrüchen, seien sie mit Infektionen, Fehlstellungen oder Heilungsstörungen verbunden, widmet er seine besondere Aufmerksamkeit. Um die Heilung von Knochenbrüchen und beschädigtem Weichgewebe zu beschleunigen, hat der 42-jährige Wissenschaftler verschiedene Strategien erforscht - etwa Wachstumsfaktoren für die Neubildung von Knochen und Blutgefäßen, aber auch physikalische Stimulationsverfahren wie die "PulsElektroMagnetischeFeldtherapie". "Beobachtungen aus meiner Zeit in den USA legen Zukunftsperspektiven für solche Stimulationsverfahren nahe", so Meffert.
Seit 1997 konzentriert sich der Mediziner ausschließlich auf die Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. Um bei komplizierten Knochenbrüchen mit Schäden an den Weichteilen Komplikationen zu vermeiden, hat er neue Operationsstrategien entwickelt. Die Grundidee dabei ist es, Knochen- und Gewebedefekte durch ein teleskopartiges Verkürzen zu schließen. Nach dem Eintritt der Wundheilung wird dann das Gewebe schonend und langsam gedehnt, was eine Gewebsneubildung anregt und die Verkürzung des verletzten Bein vollständig bis zur Ausgangslänge kompensiert. Die Wundstelle wird dadurch besser mit Blut versorgt, was wiederum das Risiko von Knochenheilungsstörungen und Infektionen verkleinert.
Am Uniklinikum in Münster führte Meffert regelmäßig auch Eingriffe an der Wirbelsäule durch. "Neue OP-Techniken und teils noch in der Testphase befindliche Implantate haben mein Fachwissen auf diesem Gebiet wesentlich bereichert", sagt er rückblickend. Zu den genannten Implantaten gehören beispielsweise Titankörbe, so genannte Cages, die als Ersatz für einzelne oder mehrere Wirbelkörper dienen. "Unsere Erkenntnisse zur Biomechanik der Wirbelsäule haben erheblich zum Erfolg der Behandlung instabiler Wirbelkörperbrüche beigetragen. Wenn es uns gelingt, eine gute biologische Ausheilung der aufgerichteten Wirbelkörper mit möglichst wenig Fremdimplantaten zu erzielen, werden unsere Patienten auch bis ins höhere Alter davon profitieren".
Über Erfahrung verfügt Meffert auch bei Beckenbrüchen. "Moderne Therapiekonzepte ermöglichen selbst bei instabilem Beckenring durch wenig invasive Verfahren eine frühfunktionelle Rehabilitation. Angesichts der hervorragend ausgestatteten Physiotherapie im ZOM und engagierter Krankengymnasten werden wir diese Patienten schnell auf die Beine kriegen. Dennoch ist bei komplexen Gelenkpfannenbrüchen eine aufwändige Rekonstruktionen des Hüftgelenks zuweilen mit sehr umfangreicher Präparationen an den Blutgefäßen und Nerven unumgänglich", sagt er. Neue Perspektiven erwartet er auf diesem Gebiet durch den Einsatz computergestützter Navigationssysteme. Ein solches Gerät solle es schon bald im Operationssaal des ZOM geben. Es gewährleiste eine hohe Operationspräzision und verringere die Strahlenbelastung, weil weniger Röntgenaufnahmen nötig sind.
Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung wächst stetig, und entsprechend kommt der Behandlung osteoporotischer Knochenbrüche immer mehr Bedeutung zu. Problematisch dabei sei die Verankerung von Implantaten im Knochen. Vor diesem Hintergrund sieht Meffert seine Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (ComGen) als sehr wertvoll an. In diesem Netzwerk tauschen sich Spezialisten ständig über Neu- und Weiterentwicklungen bei künstlichen Gelenken aus. Auf diesem Feld strebt der neue Professor eine klinische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Professor Jochen Eulert an, dem Direktor der Orthopädischen Klinik im König-Ludwig Haus.
Derzeit bietet die Chirurgische Klinik II folgende Spezialsprechstunden an: Handchirurgie, Plastisch-Ästhetische Chirurgie, Knie & Schulter, Endoprothetik & Fuß, Wirbelsäule, Becken & Problemfrakturen, Arbeitsunfälle (BG-Sprechstunde).
Kontakt: Prof. Dr. Rainer Meffert, T (0931) 201-37001, Fax (0931)
201-37009, Meffert_R@klinik.uni-wuerzburg.de
Quelle: idw