OVG Rheinland-Pfalz vom 21.11.2006
Wir empfehlen in diesem Zusammenhang dringend den Artikel von Detlef Möller-Wolf, Rechtsanwalt in Freiburg, in der aktuellen pt 3_2007, Seite 258 ff, „Wunschtraum oder Wirklichkeit? - Behandeln ohne Rezept - neue Möglichkeiten und ihre Grenzen“ (Artikel als PDF-Datei).
Möller-Wolf beschreibt präzise die rechtlichen Zusammenhänge und vor allem auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen; beides muss jeder Physiotherapeut kennen, wenn er sich entscheidet, eine Heilpraktikererlaubnis zu beantragen, sei es mit oder ohne mündliche Prüfung.
Im Übrigen sei auch auf die Veröffentlichung in der pt 10/2002 (Seite 1706 f) verwiesen - - damals hieß die pt allerdings noch Zeitschrift für Krankengymnastik. Die damalige Anleitung des ZVK für alle, die ohne ärztliche Verordnung tätig werden wollten, sind auch heute brandaktuell. Vor allem machten Sie bereits damals deutlich, dass der Spielraum der Physiotherapeuten sehr viel größer ist, als dies vielfach dargestellt wird. Wir wiederholen die entscheidenden Passagen des Artikels
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8. Können potentielle Patienten (objektiv oder subjektiv Kranke) einen PT ohne ärztliche Verordnung aufsuchen und welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für den Physiotherapeuten?
Ein Erstkontakt zu potentiellen Patienten ist im Rahmen des breitgefächerten Berufsfeldes des Physiotherapeuten nicht ungewöhnlich.
Ergeben sich dann im Rahmen von Anamnese und/oder Befunderhebung Hinweise auf eine mögliche Erkrankung, ist dies regelmäßig Anlass, den Patienten an seinen Arzt zu verweisen, um eine Kontraindikation auszuschließen; dies gilt auch, wenn sich solche Hinweise erst im Laufe einer Behandlung ergeben.
9. Aus Sicht des Arztes ist eine Krankenbehandlung abgeschlossen. Zur Optimierung des Ergebnisses möchte der Patient die Maßnahmen, betreut durch den Physiotherapeuten, weiterführen.
Nach Abschluss einer Behandlungsserie ist bei Ausbleiben einer Folgeverordnung grundsätzlich davon auszugehen, dass die Krankenbehandlung – zumindest vorerst – abgeschlossen ist. Im Regelfall sind daher weitere physiotherapeutische Maßnahmen auch ohne ärztliche Verordnung im zeitlichen Anschluss möglich. In Zweifelsfällen ist jedoch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes einzuholen (vgl. 11.).
Ist aus Sicht des Arztes eine weitere Krankenbehandlung notwendig, darf diese nicht ohne ärztliche Verordnung durchgeführt werden.
10. Kann der Physiotherapeut ohne ärztliche Verordnung Maßnahmen durchführen, wenn ihn Klienten zur Verbesserung ihrer physischen Leistungsfähigkeit und/oder ihres Wohlbefindens aufsuchen?
Dies geschieht häufig dann, wenn der Klient als Patient die Fähigkeit und Kompetenz des Physiotherapeuten kennengelernt hat und weiter angeleitet werden möchte.
Der Physiotherapeut kann aufgrund seiner Kompetenz die Entscheidung treffen, ob eine weitere ärztliche Diagnostik vor einer Weiterführung seiner Tätigkeit notwendig ist. In Zweifelsfällen ist der Physiotherapeut gehalten, eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung einzuholen.
11. Können neben den ärztlich verordneten Maßnahmen weitere zur Anwendung kommen?
Die Abgabe weiterer Heilmittel im Rahmen der physiotherapeutischen Behandlung neben den vom Arzt verordneten Heilmitteln bedarf einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn Kontraindikationen zu befürchten sind. Das gleiche gilt, wenn der Klient parallel zu einer anderen Krankenbehandlung ärztlich nicht verordnete Maßnahmen in Anspruch nehmen will.
Heinz Christian Esser
Geschäftsführer