Die Verunsicherung über die wahre Bedeutung des OPS steigt in letzter Zeit rapide an. Der ZVK bekommt vermehrt Anfragen von leitenden Kolleginnen und Kollegen, die plötzlich von ihren Controllingabteilungen aufgefordert werden, zukünftig auch die OPS-Kodierungen zu übernehmen. Häufig sind aber die meisten unserer Kollegen leider nur unzureichend über die Bedeutung des OPS informiert. So entstand mehr und mehr der Eindruck, dass die physiotherapeutischen Leistungen, die nicht über den OPS kodiert werden können, nicht berücksichtigt werden.
Was ist der OPS?
Der OPS ist weder ein Abrechnungssystem noch ersetzt er die patientenbezogene einzelne tägliche Leistungserfassung. Es handelt sich dabei um ein Klassifikationssystem, welches ursprünglich nur die Operationen klassifizierte, nun aber um \"Prozeduren“ ergänzt wurde. Dabei handelt es sich um Prozeduren, die so aufwändig sind, dass damit eine Erlössteigerung erforderlich wird.
Der OPS enthält folgende Kapitel:
1-... Diagnostische Maßnahmen
3-... Bildgebende Diagnostik
5-... Operationen
8-... Nichtoperative therapeutische Maßnahmen
9-... Ergänzende Maßnahmen
Die Physiotherapie (wie auch viele andere Prozeduren) ist alleine selten so aufwändig, dass damit eine Erlössteigerung begründet werden kann. Daher taucht die Physiotherapie im OPS nur im Zusammenhang mit komplexen Verfahren auf.
Welche Bedeutung hat der OPS im DRG-System?
Ein OPS- Code ist ein Kriterium für die Eingruppierung eines Patientenfalles in eine DRG. Ein Patientenfall kann erst bei Entlassung in eine DRG eingruppiert werden, da erst dann die reellen Daten und Zahlen zu den relevanten Eingruppierungskriterien vorliegen.
Zur Erinnerung: Für die Eingruppierung eines Patientenfalles in eine bestimmte DRG sind folgende Kriterien nötig:
•Diagnose
•Nebendiagnose
•Relevante Prozeduren (OPS!)
•Komplikationen, Komorbiditäten
•Alter
•Geschlecht
•Aufenthaltsdauer
•Entlassungsart
•Eintrittsgewicht (bei Neugeborenen)
•Art der Einweisung
•Art der Behandlung (ambulant, stationär)
•Anzahl der Stunden mit mechanischer Beatmung
Alle diese Angaben werden über die sogenannte Groupersoftware eingegeben und am Ende steht dann die jeweilige DRG.
Warum ist ein Einzelcode \"Physiotherapie“ nicht relevant?
Nicht nur die Physiotherapie, auch viele weitere Leistungen, die am Patienten erbracht werden, sind nicht im OPS aufgeführt. Und dies bedeutet eben nicht, dass diese Leistungen zukünftig nicht mehr bezahlt würden. Z.B. ist bei einer Operation die Narkose nicht extra codiert, da sie zwingend zur OP dazugehört. Und es käme daher auch keiner auf die Idee, die Narkose zukünftig abzuschaffen, nur weil sie im OPS nicht codiert werden kann.
Wo ist die Physiotherapie im OPS abgebildet und was bedeutet das für die Klinik?
Die Physiotherapie findet sich im OPS hauptsächlich im Kapitel 8: Nichtoperative Therapeutische Maßnahmen. Dort wo die Voraussetzungen des Codes erfüllt werden, muss der Code auch dokumentiert werden.
Beispiel: OPS Nummer 8-561 Funktionsorientierte physikalische Therapie.
Zunächst werden im Hinweis die Voraussetzungen und Mindestmerkmale erläutert, die für die Anwendung dieses Codes erfüllt sein müssen. In diesem Falle ist das die: \"standardisierte Befunderhebung bei vorübergehender oder vorbestehender Beeinträchtigung der Körperfunktionen und -strukturen unter therapeutischer bzw. sekundärpräventiver Zielstellung.“
Darunter finden sich die Untercodes:
8-561.1: Funktionsorientierte physikalische Monotherapie
Inkl.: Sensomotorische Entwicklungs- und Übungsbehandlung und weitere Therapieformen.
Hinweis: Einsatz von einem der folgenden Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie mit mindestens 5 Therapieeinheiten (jeweils von mindestens 30 min) pro Woche
und
8-561.2.: Kombinierte funktionsorientierte physikalische Therapie.
Hinweis: Behandlung unter fachärztlicher Leitung
Einsatz von zwei Therapiebereichen:
Physiotherapie/Physikalische Therapie und Ergotherapie mit mind. 10 Therapieeinheiten (jeweils von 30 min) pro Woche über mind. 10 Tage.
Sobald zusätzlich zu den Mindestmerkmalen der standardisierten Befunderhebung die Voraussetzungen der Untercodes erfüllt werden, müssen die Untercodes (8-561.1 oder 8-561.2) codiert werden. Jeder Code wird dabei nur einmal pro stationärem Aufenthalt des Patienten angegeben.
Erläuterungen:
Der Code 8-561.1 ist für die Physiotherapie wohl der häufigste Code der angegeben werden kann. Die Voraussetzungen werden für die meisten Patienten zutreffen.
Dabei ist im OPS nicht näher erläutert, wie die standardisierte Befunderhebung auszusehen hat. Es ist aus unserer Sicht daher Sache der physiotherapeutischen Abteilung eventuell in Absprache oder in Konsens mit dem verantwortlichen Arzt, den Befund entsprechend zu standardisieren.
Die 5 Therapieeinheiten pro Woche sind ebenfalls nicht näher erläutert. Es kann durchaus sein, dass täglich zwei Therapieeinheiten stattfinden und somit kann dieser Code auch bei Patienten angegeben werden, die weniger als 5 Tage im Krankenhaus bleiben.
Auf Intervention verschiedener Fachgruppen und auch des ZVK werden die Bereiche Physiotherapie und physikalische Therapie im nächsten Entwurf wieder getrennt, damit auch z.B. eine physiotherapeutische Behandlung und eine Wärmeanwendung einzeln gezählt werden kann.
Liste der Codes, die für die Physiotherapie in Frage kommen könnten:
8-390 ff Lagerungsbehandlung
8- 411 andere Extensionen der Halswirbelsäule
8-412 Extension der Lendenwirbelsäule
8-550 ff Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung
8-552 ff Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation
8-559 ff Andere Frührehabilitation
8-560 ff Lichttherapie (sofern sie von Physiotherapeuten gemacht wird)
8-561 ff Funktionsorientierte physikalische Therapie
8-563 ff Physikalisch-medizinische Komplexbehandlung
8-631 ff Neurostimulation
8-650 Elektrotherapie
8-918 ff Multimodale Schmerztherapie
8-972 ff Komplexbehandlung bei schwerbehandelbarer Epilepsie
8-974 ff Multimodale Komplexbehandlung bei sonstiger chronischer Erkrankung
8-975 ff Naturheilkundliche und antroposophisch-medizinische Komplexbehandlung
8-976 ff Komplexbehandlung bei Querschnittlähmung
8-977 ff Mulitmodal-nichtoperative Komplexbehandlung des Bewegungssystems
8-981 ff Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls
8-982 ff Palliativmedizinische Komplexbehandlung
8-983 ff Multimodale rheumatologische Komplexbehandlung
8-984 ff Multimodale Komplexbehandlung bei Diabetes mellitus
9-403 ff Sozial- und neuropädiatrische Therapie
Es kann durchaus sein, dass die Controllingabteilung eines Krankenhauses nicht alle Möglichkeiten der Codierung überschaut. Es lohnt sich also nachzufragen, wenn die Vorraussetzungen eines der oben genannten Codes erfüllt werden, ob dieser auch tatsächlich angegeben wird. Obwohl es nicht die Aufgabe der physiotherapeutischen Abteilung ist, den Code aus dem OPS anzugeben, lohnt es sich die Codes und deren Voraussetzungen zu kennen, bei welchen die Physiotherapie genannt ist. Manchmal bewirkt eine kleine Umstellung die Codierbarkeit und hilft dem Krankenhaus, einen erhöhten Aufwand für einen Patienten auch tatsächlich darzustellen.
OPS Codierung statt Leistungserfassung?
Auf gar keinen Fall!
Wir müssen für die Physiotherapie zwei wesentliche Dinge unterscheiden, die leider häufig vermischt werden. Ein OPS Code ersetzt niemals die Leistungserfassung, er beschreibt nur, welche Prozedur bei diesem Patienten stattgefunden hat. Die wirklich wichtige Dokumentation ist nach wie vor die lückenlose patientenbezogene Leistungserfassung. Erst durch die Leistungserfassung kann das Krankenhaus die Kosten ermitteln, die ein Patientenfall verursacht.
Besonders wichtig ist momentan die Leistungserfassung bei den Krankenhäusern, die jedes Jahr dem INEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) die neuen Zahlen zur Berechnung der Base Rate und der Relativgewichte liefern. Fließen die Kosten der Physiotherapie (über die Leistungserfassung) nicht oder nur unzureichend in diese Kalkulation ein, dann finden sie sich auch nicht in der Base Rate wieder. Und die Krankenhäuser deren Kosten höher sind als die zukünftigen Erlöse, werden nach Einsparmöglichkeiten suchen.
Neben der Leistungserfassung, die auch die Kosten der eigenen Abteilung transparent macht, ist der nächste Schritt, die physiotherapeutischen Dienstleistungen in die klinischen Behandlungspfade des Krankenhauses einzubinden. Unter dem Aspekt der Qualitätssicherung bietet sich generell für häufig wiederkehrende Indikationen die Erstellung eigener therapeutischer Behandlungspfade an. Das festgelegte standardisierte Vorgehen sorgt einerseits für einen Mindestqualitätsstandard der Therapie. Andererseits können die Kosten im Vorfeld kalkuliert werden und bei Bedarf Anpassungen vorgenommen werden.
Fazit: Keine Angst vor dem OPS!
Schauen Sie nach und informieren Sie sich, ob alle Codes, die für die Physiotherapie in Ihrem Hause in Frage kommen, auch angegeben werden. Sorgen Sie für Ihre lückenlose Leistungserfassung, erarbeiten Sie therapeutische Behandlungspfade und fordern Sie deren Einbindung in den gesamten Clinical Pathway. Damit sind Sie optimal für den Beginn der \"DRG-Echtzeit“ gerüstet!
Bei Fragen wenden Sie sich an den ZVK! Wir unterstützen Sie gerne!
Ulrike Steinecke, ZVK-Vorsitzende