16.03.2006
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Bundesverband
Qualitätsberichte der Krankenhäuser Für Patienten oft Online-Bücher mit sieben Siegeln
Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Ein Großteil der ersten Qualitätsberichte der Krankenhäuser ist für Patienten keine große Hilfe. „Schlecht aufbereitet, sprachlich schwer verständlich und untereinander kaum vergleichbar – kurzum: für Laien nicht nutzerfreundlich“, so beurteilen die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen eine Auswahl von 106 Qualitätsberichten von Kliniken aus ihren Bundesländern, die sie hinsichtlich der Aussagekraft für Patienten kritisch unter die Lupe genommen haben. Obwohl die Verbraucherschützer die Pflicht zur Erstellung von Qualitätsberichten als wichtigen Informationsbaustein für Patienten grundsätzlich begrüßen, müssen die Auswahl der Daten und die Darstellung der Informationen dringend verbessert werden: „Sonst bleibt Patienten der Weg verbaut, der ihnen eigentlich einen transparenten und verständlichen Zugang zu den Qualitätsdaten eines Krankenhauses ihrer Wahl ermöglichen soll.“
Gesetzlich sind alle zugelassenen Krankenhäuser in Deutschland verpflichtet, im Abstand von zwei Jahren strukturierte Qualitätsberichte über ihr Leistungsspektrum zu veröffentlichen. Die ersten Berichte wurden im September letzten Jahres für das Jahr 2004 unter www.g-qb.de ins Netz gestellt. Ziel ist, die Leistungen der Einrichtungen sowie deren Qualität für Ärzte und Patienten transparent und untereinander vergleichbar darzustellen. Auch Laien, die für eine spezielle Behandlung oder Operation nach einem geeigneten Krankenhaus suchen, sollen sich mit Hilfe der Qualitätsberichte verständlich und ausreichend über das Angebot eines Krankenhauses informieren können. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen erfüllen viele Berichte der ersten Staffel diese Vorgaben jedoch nur unzureichend.
106 Qualitätsberichte aus insgesamt 620 Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben die Verbraucherzentralen auf Nutzerfreundlichkeit und allgemeinverständliche Darstellung abgeklopft. Schon der Umfang – Minimum zehn, Maximum 180 Seiten – macht es Lesern schwer, die Informationsfülle einzelner Berichte zu verarbeiten und miteinander zu vergleichen. Trotz einheitlicher „Ausfüllhinweise“ und inhaltlicher Vorgaben für einzelne Abschnitte sind die Berichte höchst unterschiedlich abgefasst: Leser werden mit einer Aneinanderreihung von Tabellen konfrontiert und mit einer unübersichtlichen Informationsfülle erschlagen. Die Tabellen sind nach Fallpauschalen, Diagnosen und medizinischen Verfahren aufgeschlüsselt dargestellt. In dieser Form – die zwar den Vorgaben entspricht – finden sich Leute vom Fach zurecht. Patienten können mit den unkommentierten Fakten jedoch wenig anfangen.
Um für die nötige Verständlichkeit zu sorgen, sollen die Krankenhäuser Diagnosen, operative Eingriffe, Versorgungsschwerpunkte und Leistungsangebote in „umgangssprachlicher Klarschrift“ – sprich: allgemeinverständlich – darstellen. Doch in den meisten Fällen gelingt dies nicht: Medizinische Fachbegriffe werden uneinheitlich und für Laien vielfach ohne Zusammenhang übersetzt. Aussagen wie „Implantationen von Portsystemen in herznahe Gefäße“ oder „ein anfänglich eigenständiger Bluthochdruck“ bleiben weiterhin nur für Fachleute verständlich. Lediglich
37 Berichte erfüllen den Anspruch nach „umgangssprachlicher Klarschrift“.
59 tun dies nur zum Teil und zehn überhaupt nicht. 51 Abhandlungen strotzen vor allgemeingültigen Formulierungen wie „neuester hygienischer Standard“, „Einsatz hochwirksamer Medikamente“ oder „medizinische Versorgung auf hohem Niveau“. Bei solchen Angaben handelt es sich nicht um aussagekräftige und überprüfbare Informationen.
Neben den therapeutischen Leistungen sind auch Zimmerausstattung, Verpflegung, ehrenamtliche Betreuung etc. für Patienten wichtige Kriterien zur Gesamtbeurteilung eines Krankenhauses. Diese Angaben werden aber nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber gefordert. Folglich geben auch nur wenige Einrichtungen Hinweise zu ihren so genannten „Hotelleistungen“ an. Nur in 19 Fällen wurde die Anzahl der Betten pro Zimmer genannt. Lediglich 27 Krankenhäuser machen Angaben zur Möglichkeit einer speziellen Verpflegung (Diät, vegetarisch oder koscher). Und nur in 20 Berichten findet sich ein Hinweis auf ehrenamtliche Betreuung.
Die Qualitätsberichte werden zurzeit ausschließlich im Internet veröffentlicht. „Die Informationen der Krankenhäuser müssen künftig auch Nutzern ohne Internetanschluss zugänglich sein“, fordern die Verbraucherzentralen: „Sie sollten zudem verständlicher verfasst, überschaubarer gegliedert und nutzerfreundlicher mit patientenrelevanten Daten gestaltet werden. Sonst wird die gesetzlich geforderte Transparenz von den Krankenhäusern nicht geleistet.“
Die Untersuchung der Qualitätsberichte in Krankenhäusern wurde im Rahmen des Projektes „Markttransparenz im Gesundheitswesen“ durchgeführt. Mit ihrer Arbeit – finanziell gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – wollen die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen an ausgewählten Beispielen auf Benachteiligungen von Patienten im Gesundheitswesen hinweisen.
Eine Orientierungshilfe zum besseren Verständnis der Qualitätsberichte gibt’s für Interessenten bei den örtlichen Beratungsstellen der Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen sowie hier.
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.
Stand: 02.03.2006
Quelle: verbraucherzentrale-nrw.de