Mitglied werden
31.12.2007 – Bundesverband

Reha im Spitzensport - Heilende Hände und Hightech

Ulrike Steinecke: „Sport ist ein gutes Testfeld“

Physiotherapie ist schon lange nicht mehr pflegend“, sagt Hannspeter Meier vom Rehazentrum Valznerweiher in Nürnberg. „Der Beruf unserer Patienten ist Leistungssport, nicht Gesundheitssport. Wir erhalten Leistung, und wir steigern Leistung.“

„Leistungssteigerung? Ja, natürlich“

Auch Klaus Eder, durch seine Einsätze bei der Fußball-Nationalmannschaft, im Davis-Cup-Team und der Olympiamannschaft berühmtester Physiotherapeut Deutschlands, empfängt nicht nur verletzte Spitzensportler aus aller Welt, sondern auch kerngesunde. Rund vierzig Prozent seiner Klientel seien Leistungssportler, sagt Eder.

„Die Rehabilitation im Leistungssport entspricht der Formel 1“, sagt der Berliner Chirurg Professor Axel Ekkernkamp über die avancierten Fitmacher. Er ist Ärztlicher Direktor des Unfallkrankenhauses Berlin, das sich mit der Behandlung schwerverletzter Hochleistungssportler vom Autorennfahrer Alessandro Zanardi über die Basketballprofis Matej Mamic und Demond Green bis zum querschnittsgelähmten Turner Ronny Ziesmer einen Namen gemacht hat. Träger des Hauses ist die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), die gesetzliche Unfallversicherung. Zu ihren 7,4 Millionen Versicherten gehören auch die knapp 22.000 in Deutschland angestellten Berufssportler.

127 Euro pro Tag für Reha-Programm

Diese etwa 3 Promille der Mitglieder sorgten 2006 für 4,6 Prozent aller Unfälle (19.391 von 417.269) und für 7,8 Prozent der Kosten durch Reha und Entschädigungen (49,1 Millionen von 626,1 Millionen Euro). Auch deshalb ist die VBG zu der Erkenntnis gekommen, wie sie der Leiter ihres Rehabilitierungsstabes, Eckehard Froese, ausdrückt: „Die Investition in Reha ist menschlich wie wirtschaftlich das Richtige.“ In Berlin hat die Berufsgenossenschaft nun das Projekt „Leistungssportspezifische erweiterte ambulante Physiotherapie“ (Leap) vorgestellt.

Steinecke: „Sport ist ein gutes Testfeld“

Im Sinne einer Formel 1 dürfen sich fünf Reha-Zentren des Leap-Projekts (neben den erwähnten die von Bernd Herbeck in Mannheim und von Bernd Restle in Düsseldorf) als Forschungslabors der Rehabilitation verstehen. „Die Entwicklung kommt letztlich allen Unfallverletzten zugute“, verspricht Ekkernkamp.

Ulrike Steinecke, Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Physiotherapie, bestätigt: „Sport ist ein gutes Testfeld.“ Das Vorläufer-Projekt EAP, vor gut zwei Jahrzehnten initiiert, hat nach ihrer Erfahrung wertvolle Erkenntnisse gebracht. Entscheidend sei neben der individuellen, sportartspezifischen Betreuung die Motivation des Patienten. Im Sport sei diese eher hoch. Auch dem Normalpatienten könnten individuelle Programme auf den Leib geschneidert werden, doch bei solchen, die sich vielleicht eine Kur gönnten, bevor sie in Rente gehen wollen, könne von großem Antrieb keine Rede sein.

Zu den Fitmachern dagegen treibt der Ehrgeiz sogar die Gesunden. „Sie sind nicht Patienten, sondern Kunden“, sagt Meier. „Und sie sind sehr anspruchsvoll.“ Ihnen schnüren er und seine Kollegen im Verbund mit Ärzten und Trainern Rundumpakete von der Leistungsdiagnostik über die Trainingssteuerung bis zur Ernährungsberatung. Doch selbst manche Profis wollen nicht erkennen, dass sie so ihr Kapital aus Gesundheit und Fitness erhalten können. „Ein Fußballer würde niemals auch nur eine Massage selbst bezahlen“, sagt Meier.

Siehe den gesamten Artikel der aus der Frankfurter Rundschau vom 20. Dezember 2007