Schiedsverfahren: aktuelle Meldung der maßgeblichen Verbände an die Presse
Dass Physiotherapie in Deutschland zu schlecht bezahlt wird, bestätigte im Mai 2019 auch die Bundesregierung. Sie forderte die Physiotherapieverbände und den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) daher per Gesetz auf, sich auf Preise zu einigen, die eine wirtschaftliche Praxisführung und eine angemessene Vergütung der Beschäftigten ermöglicht. Nachdem auch nach zahlreichen Verhandlungsterminen keine Einigung in Sicht war, sollte nun eine unabhängige Schiedsstelle die Preise festsetzen. Doch das jetzt verkündete Ergebnis schenkt kaum Hoffnung auf eine baldige Lösung.
Um wenigstens die Kostensteigerung der letzten eineinhalb Jahre auszugleichen, sprach die Schiedsstelle den Physiotherapeuten eine Vergütungserhöhung um 1,48 Prozent zu. Doch über die tatsächliche, angemessene Vergütung sowie weitere wichtige Rahmenbedingungen wollte die Schiedsstelle nicht entscheiden. Stattdessen legte sie einige Orientierungsgrößen fest, mit denen die Parteien nun wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren sollen – beispielsweise die Tatsache, dass Physiotherapeuten in Praxen genauso viel verdienen sollten wie Angestellte in Krankenhäusern, die gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vergütet werden. Da die Schiedsstelle nicht alle für die Preisbildung entscheidenden Orientierungsgrößen festgelegt hat, besteht noch sehr viel Spielraum, sodass Verbände und Krankenkassen diese voraussichtlich mit sehr unterschiedlichen Zahlenwerten füllen werden. Ein erneuter Verhandlungsmarathon scheint daher vorprogrammiert.
„Mit Blick darauf, wie die Krankenkassen in den Verhandlungen zum Thema Vergütung gemauert haben, hegen wir wenig Hoffnung, nun zeitnah zu einer zufriedenstellenden Lösung zu kommen“, zeigen sich die Vorstände der maßgeblichen Physiotherapieverbände enttäuscht von dem Schiedsspruch. Die vier Verbände Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK), Deutscher Verband für Physiotherapie (Physio-Deutschland), Verband Physikalische Therapie (VPT) und VDB-Physiotherapieverband verhandeln gemeinsam für die rund 160.000 Physiotherapeuten in Deutschland. „Wir waren davon ausgegangen, dass die Schiedsstelle den gesetzlichen Auftrag im Blick hat, endlich eine angemessene Entlohnung für physiotherapeutische Leistungen zu ermöglichen. Diesem politischen Willen ist die Schiedsstelle in unseren Augen nicht nachgekommen – von den Krankenkassen ganz zu schweigen.“
Die Physiotherapieverbände stützten ihre Forderung nach einer Preiserhöhung um rund 50 Prozent auf das wissenschaftliche WAT-Gutachten – die Krankenkassen boten im Laufe der Verhandlungen zunächst eine Null-Runde an. Um die Versorgung der Patienten künftig zu verbessern, hatten sich Verbände und Krankenkassen zwischenzeitlich auf eine Erhöhung der Behandlungsdauern geeinigt. Diese sollten auch den Aufwand für die Vor- und Nachbereitung und die Dokumentation beinhalten. Allerdings wollten die Krankenkassen die Preise für die jeweiligen Leistungen nicht entsprechend des damit erhöhten Aufwands anpassen. Die Therapeuten wären damit mit Blick auf die Vergütung pro Minute noch schlechter bezahlt worden als bisher.