01.09.2009
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Bundesverband
Wahlprogramme und Gesundheitspolitik - Ansichten der politischen Parteien
Medizinischer Fortschritt ist teuer. Demografischer Wandel kostet Geld. Im hitzigen Bundestagswahlkampf möchte sich keine Partei an der Gesundheitspolitik „die Finger verbrennen“. Außer in der Frage der künftigen Finanzierung der GKV unterscheiden sich die Positionen kaum. Für alle gilt, Prävention ist wichtig. Alle wollen auch weiterhin die medizinisch notwendige Versorgung auf qualitativ hohem Niveau für jeden Bürger wohnortnah gewährleisten. Dies geht nach Auffassung aller nur, wenn den nicht-ärztlichen Therapieberufen erweiterte Aufgaben übertragen werden. Die wichtigsten Forderungen der Parteien zusammengefasst:
Das Ziel der CDU/CSU ist mehr Wahlfreiheit, mehr Wirtschaftlichkeit, Transparenz, Wettbewerb und Bürokratieabbau. Sie möchten Zuzahlungen abschaffen und die Lohnnebenkosten nicht erhöhen. Außerdem positioniert sie sich gegen die Einführung der Bürgerversicherung. Medizinische Versorgungszentren sollen nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Der Freiberuflichkeit, insbesondere der niedergelassener Leistungserbringer, wird von den Unionsparteien eine besondere Bedeutung zugesprochen. Die Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm für die private Kranken-, Pflege- und Zusatzversicherungen sowie für die Selbstverwaltung der Ärzte aus.
Der Fokus der Sozialdemokraten liegt auf einer solidarischen Finanzierung, der Bürgersozialversicherung. Alle Einkommensarten sollen dabei berücksichtigt werden. Auch die privaten Krankenversicherungen sollen sich daran beteiligen. Zur Gewährleistung der Finanzierung will die SPD den Steueranteil für die GKV erhöhen. Im Sinne der Gleichbehandlung sieht das Programm eine einheitliche Gebührenordnung für GKV- und PKV-Leistungen vor. Zudem sollen nahe Angehörige zehn Tage ohne Lohnausfall freigestellt werden, damit sie die Versorgung bei akut aufgetretener Pflegebedürftigkeit übernehmen können.
Die FDP fordert mit ihrer Devise „Privat kommt vor Staat“ zwar mehr Eigenverantwortung der Bürger, will aber auch eine Grundsicherung für sozial schwache Menschen. Dazu gehört ein freiheitliches Gesundheitssystem, bei dem man eigenverantwortlich auswählen kann, welche Pflege- oder Gesundheitsleistungen man hinzukaufen will. Das System soll privat finanziert werden und auf einem kapitalgestützten Prämiensystem beruhen. Um Verschwendung entgegenzuwirken, sollte für jede medizinische Leistung eine Rechnung an die Krankenversicherten geschickt werden. Zudem sind Entbürokratisierung und eine transparente, leistungsgerechte Vergütung vorgesehen.
Die Grünen halten, ebenso wie die SPD, an ihrem Konzept für eine Bürgerversicherung fest. Diese Versicherung soll aus allen Einkommensarten, wie Kapitaleinkommen und Einkommen aus Vermietung und Verpachtung, finanziert werden. Transparenz und Kostenbewusstsein soll die verständliche Rechnung über erhaltene Gesundheitsleistungen an Versicherte bringen. Das Parteiprogramm verspricht die Einbeziehung anerkannter alternativer Heilmethoden. Praxisgebühr und Medikamentenzuzahlung sollen abgeschafft werden.
Die Linke strebt ebenfalls eine solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems an. Alle Berufsgruppen und Einkommensarten sollen für Gesundheitsversorgung und Pflege einzahlen. Beitragsbemessungsgrenzen und Versicherungspflichtgrenzen sollen verschwinden. Alle Zuzahlungen inklusive Praxisgebühren sollen entfallen und der Anspruch auf Brillen und Zahnersatz wieder eingeführt werden. Festpreise für Medikamente sowie die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Arzneien sollen Medizin bezahlbarer machen. Der Privatisierung von Krankenhäusern müsse Einhalt geboten werden.
Fazit
Egal welche Partei bei der Bundestagswahl die Mehrheit bekommt, es bleibt abzuwarten, wie die neue Regierung die Gesundheitspolitik und die Rahmenbedingungen der Heilmittelerbringer in der nächsten Legislaturperiode gestalten wird. Vor allem: Geht der Einfluss der Ärzte wie in der letzten Legislaturperiode weiter zurück? Wie wird sich die vertragliche Situation der Ärzte verändern, bleibt es bei der Verpflichtung der Krankenkassen zu Hausarztverträgen (§ 73 b SGB V) oder werden die KVen wieder gestärkt? Werden die Krankenkassen verstärkt auf den Abschluss von Einzelverträgen auch mit Physiotherapeuten drängen? Die großen Fraktionen CDU/CSU, FDP und neuerdings auch die SPD sprechen sich in den Wahlprogrammen für Einzelverträge aus.