Immer mehr Ärzte und Physiotherapeuten in Niedersachsen beschweren sich über die Praxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN), Mediziner, die über ihr Budget hinaus Heilmittel verschreiben, in Regress zu nehmen. Jüngster Fall ist die Lüneburger Krankengymnastin Iris Prinke-Gosch, berichtet das Hamburger Abendblatt vom 22. Oktober 2008. Sie bemängelt vor allem die schlechte Kommunikation zwischen Ärzten und KVN.
Wie die Lüneburger Rundschau berichtete, nimmt die KVN Ärzte in Regress, die über das gedeckelte Heilmittelbudget hinaus zum Beispiel Massagen verschreiben. Die Mediziner haften mit ihrem persönlichen Vermögen. Die Folge: Die Ärzte werden so gezwungen, weniger Rezepte für Heilmittel wie Krankengymnastik zu verschreiben. Das bekommen dann auch andere Berufsgruppen zu spüren. Iris Prinke-Gosch hat nach eigener Aussage deutlich weniger Patienten.
"Der Heilmittelkatalog weist für die Ärzte genau aus, welche Behandlung verschrieben werden sollte. Viele Mediziner scheinen das nicht zu wissen oder nicht zur Kenntnis zu nehmen. Und die KVN klärt offenbar nicht ausreichend darüber auf", kritisiert Prinke-Gosch. So erklärt sich die Physiotherapeutin, dass immer noch falsch oder zu viel verschrieben wird.
Nicht mangelnde Kommunikation, sondern zu viel Bürokratie und das gedeckelte Budget für Heilmittel seien das Grundproblem, sagt Dr. Wolfgang Böker, Bezirksvorsitzender des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie in Lüneburg, berichtet das Hamburger Abendblatt . Das Budget sorge auch nicht für Kostendämpfung: "Die Patienten sind länger krank oder Beschwerden verschlimmern sich, wenn Behandlungen hinausgezögert werden. Das wird dann immer teurer."
Oliver Christoffers, Geschäftsführer der KVN-Bezirksstelle Lüneburg, hält dagegen: "Wir müssen die Ärzte dazu anhalten, wirtschaftlicher zu verordnen. Das ist vom Gesetzgeber so gewollt. Aber niemand hat je verlangt, dass die Mediziner gar nichts mehr verschreiben dürfen." Was medizinisch notwendig ist, solle auch verordnet werden. Da müsse der Einzelfall vom behandelnden Arzt geprüft werden. "Die Rahmenbedingungen machen es für Vertragsärzte nicht leicht, ihren Beruf auszuüben. Doch die sind nötig, um das Budget vernünftig zu verteilen", so das Hamburger Abendblatt.
Siehe auch http://www.zvk-nordverbund.de